Die Debatten um „Restitution“ – die Rückgabe geraubter Kulturgüter an ihre Herkunftsgesellschaften – bildeten den Referenzrahmen der Tagung. Inhaltlich ging es darum, Museen, Missionswerken und anderen Einrichtungen ein Diskussionsforum zu bieten, um angesichts der Entstehung ihrer eigenen Sammlungen, die im Kontext des Kolonialismus stattfand, diese nicht nur aufzuarbeiten, sondern eine dekoloniale Perspektive auf diese „Cultural Belongings“ einzunehmen.
Die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Missionswissenschaft griff dazu folgende brisanten Fragen auf: Wie können Objekte aus kolonialen Kontexten zu „entangled objects“ werden – zu Medien des interkulturellen Dialogs über ihr Erbe? Wie lässt sich ihre verflochtene Geschichte dekolonisieren und den Herkunftsgesellschaften perspektivisch Kuratierung und Eigentum zurückgeben? MuseumsexpertInnen, TheologInnen, EthnologInnen und zivilgesellschaftliche Initiativen aus dem Globalen Süden und Norden diskutierten dabei innovative Ansätze: Geteilte Kuratierung, zirkulierende Bestände oder digitale Sammlungen auf Augenhöhe waren Stichworte. Praxisbeispiele gaben Einblick in laufende Restitutionsprozesse.
Zu dieser Tagung waren alle eingeladen, die sich für einen respektvollen Umgang mit sensiblen Sammlungsgütern einsetzen: MuseumsmitarbeiterInnen, KunstvermittlerInnen, Missions- und ReligionswissenschaftlerInnen, politische AktivistInnen und Kulturschaffende. Sie diskutierten die Frage, wie die Weltgesellschaft nicht nur ein offenes Verhältnis zu diesem „schwierigen Erbe“ bekommen kann, sondern wie es darüber hinaus zur Restitution der „Objekte“ in mehrfachem Sinnen: materiell, kulturell, politisch und theologisch kommen könnte. Dabei stellte sich heraus, wie maßgeblich es ist, zuallererst den Herkunftsgesellschaften der Artefakte, die als maßgebliche Akteure zu identifizieren sind, zu ihrem tatsächlichen Stellenwert, der ihnen im Prozess der „Dekolonisierung“ zukommt, zu verhelfen.
Im Rahmen der Veranstaltung verleiht die DGMW zum zweiten Mal ihren Forschungspreis für Interkulturelle Theologie. In Forschungspanels stellt das Netzwerk Interkulturelle Theologie (NIT) innovative Projekte vor.
Moritz Fischer